Folgen arglistigen Verschweigens
Die Folgen arglistigen Verschweigens: Das bewusste Verschweigen eines Mangels kann für Auftragnehmer schwere Konsequenzen haben. Bei "Arglist" droht eine Verlängerung der Gewährleistungsfrist auf zehn Jahre.
Ist die vertraglich vorgesehene Frist zur Geltendmachung von Mängelansprüchen, beispielsweise nach der Errichtung einer Fassade, abgelaufen, wird von der Auftraggeberseite immer wieder mit dem Hinweis auf ein angeblich arglistiges Verhalten des Auftragnehmers versucht, den Verjährungszeitraum zu verlängern, um doch noch Mängelansprüche durchzusetzen.
Wird vom Auftragnehmer ein Mangel "arglistig" verschwiegen, kann sich eine Gewährleistungsfrist von zehn Jahren ergeben.
Muss der Auftragnehmer in Schädigungsabsicht oder in einer betrügerischen Absicht handeln, um "arglistig" zu handeln? Das Oberlandesgericht Koblenz hat sich im Rahmen eines kürzlich veröffentlichten Beschlusses mit der Frage beschäftigt, ob eine nicht offenbarte (also gegenüber dem Auftraggeber nicht offengelegte) Verwendung nicht erprobter Baustoffe oder -techniken einen Arglisteinwand und damit eine erhebliche Verlängerung der vertraglichen Frist zur Geltendmachung von Mangelansprüchen begründen kann.
Aktueller Fall
Der Auftragnehmer hatte im Jahr 1989 im Anwesen des Auftraggebers eine Heizung mit Warm- und Kaltwasserversorgung installiert. In den Jahren 2010 und 2011 kam es zu Schäden am Wasserleitungssystem (insbesondere an den Verbindungsstellen der Kaltwasserrohre) und damit verbunden zu Nässeschäden.
Der Auftragnehmer wurde mit Reparaturarbeiten beauftragt. Im Jahr 2015 stellte sich dann im Rahmen einer sachverständigen Begutachtung heraus, dass die Schäden nicht primär auf der Verwendung eines ungeeigneten Rohrsystems, sondern auf einer unzureichenden Verschraubung der Verbindungsstellen der Kaltwasserrohre beruhten.
Als der Auftraggeber seine Mängelansprüche geltend machen wollte, wehrte sich der Auftragnehmer unter anderem mit dem Hinweis auf eine Anspruchsverjährung. Der Auftraggeber war dagegen der Ansicht, seine Mängelansprüche seien noch nicht verjährt, weil der Auftragnehmer sowohl seine mangelhafte Arbeit als auch die Tatsache arglistig verschwiegen habe, dass die eingebauten Formstücke nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprochen hätten.
Auch habe der Auftragnehmer bei seinen Reparaturarbeiten verschwiegen, dass das verbaute Rohrsystem inzwischen nicht mehr vertrieben wurde. Der Auftraggeber verlangte vom Auftragnehmer Schadensersatz (OLG Koblenz, Beschluss vom 25.09.2023, 13 U 1768/22; BGH, Beschluss vom 04.12.2024, VII ZR 22/24.)
Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz
Der Auftraggeber scheiterte mit seinem Verlangen nach Schadensersatz. Das Oberlandesgericht Koblenz arbeitet heraus, dass die eingeklagten Schadensersatzansprüche verjährt sind. Die Fallgruppen für ein arglistiges Handeln würden nicht vorliegen. So sei der Auftragnehmer nicht von einer konkret vereinbarten Ausführung "heimlich" abgewichen.
Ebenso wenig habe er anstelle des vertraglich Festgelegten bewusst ein billigeres und in der Qualität schlechteres Baumaterial verwendet. Auch habe der Auftragnehmer keine Zusagen oder besondere Versprechungen hinsichtlich seiner Leistungen abgegeben. Erhebliche Baurisiken habe er nicht geschaffen.
Das Oberlandesgericht Koblenz stellt klar, dass allein die nicht offenbarte Verwendung nicht erprobter Baustoffe oder -techniken noch keinen Arglisteinwand begründet (OLG Koblenz, Beschluss vom 25.09.2023, 13 U 1768/22; BGH, Beschluss vom 04.12.2024, VII ZR 22/24).
Für die Praxis
Auch wenn sich das Oberlandesgericht Koblenz in der Entscheidung mit der Installation einer Heizung beschäftigt, sind die Wertungen zum Thema "arglistiges Verschweigen" unmittelbar auch auf die Errichtung beispielsweise von Fassaden zu übernehmen. Die Gerichte legen die Messlatte betreffend der vom Auftraggeber darzulegenden Merkmale eines "arglistigen Verschweigens" oft nicht hoch. So soll gemäß der oben genannten aktuellen Entscheidung allein die Verwendung von nicht erprobten Baustoffen oder -techniken, ohne vorher den Auftraggeber zu informieren, noch keinen Arglisteinwand begründen.
Nach der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur kann ein im Rechtssinne "arglistiges Verschweigen" insbesondere dann vorliegen, wenn der Auftragnehmer einen Mangel seiner Leistung kennt, ihn für erheblich bezüglich des Bestandes und der Benutzung des Bauwerks hält, diesen Mangel seinem Vertragspartner (dem Auftraggeber) aber dennoch nicht mitteilt oder ihn beseitigt.
Im Fassadenbau kann ein arglistiges Verschweigen eines Mangels beispielsweise dann in Betracht kommen, wenn der Auftragnehmer weiß, dass er mangelhafte Bauprodukte verbaut und/oder seine Montageleistung mit Mängeln behaftet ist, er aber gleichwohl diese Kenntnisse für sich behält und gegenüber dem Auftraggeber die Fertigstellung eines vertragsgerecht und ordnungsgemäß erstellten Werkes mitteilt und um Abnahme bittet. Ein Schädigungsvorsatz oder betrügerische Absichten sind für die Annahme von Arglist nicht erforderlich. Daneben ist anerkannt, dass arglistig auch handelt, wer "ins Blaue hinein"
Eigenschaften oder tatsächliche Sachbewertungen behauptet, jedoch weiß oder wissen muss, dass seine Darstellung auch unwahr sein kann (vgl. Bröker; Beck´scher VOB-Kommentar; VOB/B; 4. Auflage 2023; § 10 Abs. 1 Rn 40 ff.). Gerade der Fall, dass ein Auftragnehmer im Hinblick auf seine Produkte oder seine Bauleistungen Eigenschaften "ins Blaue hinein" verspricht, um noch vor seinen Mitbewerbern den werthaltigen und prominenten Bauvertrag zum Abschluss zu bringen, ist in der Praxis nicht selten.
Stellen sich die Zusagen im Nachhinein aber als falsch oder nicht haltbar heraus, kann dies für den Auftragnehmer bedeuten, dass er sich jedenfalls einer zehnjährigen Gewährleistungsfrist stellen muss.
Der Autor: Rechtsanwalt Jörg Teller ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in der Frankfurter Kanzlei SMNG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.
Weitere Informationen: Den bebilderten Fachartikel als PDF-Datei herunterladen: Folgen arglistigen Verschweigens
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