Sobald die Oberkante von monolitisch verbautem Einscheibensicherheitsglas die Marke von vier Metern über der Verkehrsfläche überschreitet, gelten in Deutschland erhöhte Anforderungen hinsichtlich der Nachweisführung zum Schutz vor Spontanbrüchen. (Foto: © Vössing)

ESG-HF steht für bewährte Sicherheit

An monolitisch verbautes Einscheibensicherheitsglas (ESG), dessen Oberkante mehr als vier Meter über einer Verkehrsfläche liegt, werden in Deutschland besondere Anforderungen gestellt.

Die technischen Regeln geben für heissgelagertes Einscheibensicherheitsglas eine Fremdüberwachung sowie eine Haltezeit von vier Stunden vor. Beides wird in der Europäischen Norm nicht gefordert. Dieser Nachweis ist gesondert zu erbringen.

Bisher galten bei Verwendung von "ESG-H" in Deutschland die Vorgaben der Bauregelliste des DIBt (Deutsches Institut für Bautechnik). In der neuen DIN 18008-1/2, Ausgabe 2020, wird ein Produkt "ESG-H" nicht mehr genannt. Nach wie vor jedoch gibt es Einbausituationen, in denen die technischen Regeln besondere Anforderungen an monolithisch verbautes ESG stellen.

Was in Europa gilt, entspricht aber nicht unbedingt auch den nationalen Vorgaben der einzelnen Länder. Zusätzliche Bestimmungen beziehungsweise Normen regeln die Sicherheit von Bauprodukten und Bauausführungen. So auch beim Einscheibensicherheitsglas (ESG) mit Heißlagerungstest, ehemals ESG-H, an das bis 2018 über die Bauregelliste des DIBt entsprechend erhöhte Anforderungen gestellt wurden.

Wesentlich war dabei die Fremdüberwachung durch eine behördlich zugelassene Prüf- und Überwachungsstelle. 2018 wurde die Bauregelliste auf Grund einer europäischen Gerichtsentscheidung außer Kraft gesetzt, nationale Sonderregelungen verloren damit ihre Gültigkeit.

Bewährter Heat-Soak Test

Besonders im Augenmerk stand beim ESG-H der Prozess der Heißlagerung ("H") zur Minimierung der Versagenswahrscheinlichkeit durch Spontanbruch. In der Glasmasse kann es durch geringe Mengen von Nickel und Schwefel zu Einschlüssen von Nickelsulfid kommen, die sich im Laufe der Zeit durch eine Phasenumwandlung vergrößern können.

Befindet sich der Einschluss im Zugspannungsbereich des ESG, kann diese Volumenzunahme und die damit einhergehende Spannungserhöhung zu einem Spontanbruch, dem plötzlichen Versagen der Scheibe führen. Bei dem sogenannten Heat-Soak-Test (Heißlagerungstest) wird das Glas auf 280 – 320 °C erwärmt und gehalten. Dadurch wird das Spontanbruchrisiko auf nahezu null reduziert.

Deutschlandweit geltende technische Regeln

Entscheidend für die Wirksamkeit des Heat-Soak-Verfahrens ist neben der exakten Ofensteuerung besonders die Glastemperatur über die Dauer der Haltephase. Das Bild zeigt einen Heat-Soak Ofen vor der Inbetriebnahme. Foto: © VössingEntscheidend für die Wirksamkeit des Heat-Soak-Verfahrens ist neben der exakten Ofensteuerung besonders die Glastemperatur über die Dauer der Haltephase. Das Bild zeigt einen Heat-Soak Ofen vor der Inbetriebnahme. Foto: © Vössing

Bis 2018 war über die Bauregelliste des DIBt in Deutschland für ESG mit Heißlagerungstest eine Haltezeit von vier Stunden sowie eine Fremdüberwachung geregelt – ein Securit-H, das ESG von Saint-Gobain mit Heißlagerungstest, entsprach somit den baurechtlichen Bestimmungen.

Anstelle der außer Kraft gesetzten Bauregelliste des DIBt trat die "Muster Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen" (MVVTB): Ein baurechtlich eingeführtes ESG-H gibt es seitdem nicht mehr. Nach europäischer Norm zu verwenden ist "Heißgelagertes thermisch vorgespanntes Kalknatron Einscheibensicherheitsglas" nach DIN EN 14179 mit zwei Stunden Haltezeit.

National steht die neue DIN 18008-1/2, Ausgabe 2020 vor der baurechtlichen Einführung. Auch darin wird ein Produkt "ESG-H" nicht mehr genannt. Weiterhin werden in Deutschland aber für monolithisch verbautes ESGGlas, dessen Oberkante mehr als vier Meter über einer Verkehrsfläche liegt, besondere Anforderungen gestellt.

Die technischen Regeln geben für heißgelagertes Einscheibensicherheitsglas zwingend eine Fremdüberwachung sowie eine Haltezeit von vier Stunden vor. Beides wird in der Europäischen Norm nicht gefordert. Dieser Nachweis ist also gesondert zu erbringen.

Zwei Möglichkeiten der Nachweisführung

Für den Nachweis der geforderten Haltezeit und der Fremdüberwachung gibt es für die Hersteller zwei Möglichkeiten, die beide baurechtlich absolut gleichwertig sind. Naheliegend: Das Unternehmen überträgt diese Leistung seiner bereits anderweitig bei ihm tätigen, überwachenden Prüfstelle. Oder aber der Hersteller beantragt bei der GGF (Gütegemeinschaft Flachglas e.V.) das Gütezeichen "ESG-HF", dessen wesentliche Kriterien die vier Stunden Haltezeit sowie Fremdüberwachung sind.

Hier ist die entsprechende Mitgliedschaft in der RALGütegemeinschaft Flachglas e. V. erforderlich. Unterm Strich bedeutet dies: An der Produktion selbst hat sich nichts geändert. Im Unterschied zu früher jedoch wird die ehemals normative Regelung über die Bauregelliste jetzt durch eine Nachweispflicht seitens des Herstellers ersetzt.

Fremdüberwachung und vier Stunden Haltezeit

Um dies für Planer und Verarbeiter nachvollziehbar zu machen, tritt anstelle der nicht mehr gültigen Bezeichnung "H" die Kennzeichnung "HF". Der Buchstabe "F" steht hier für die Fremdüberwachung. Mit der Verwendung von "Securit-HF" ist somit sichergestellt, dass dieses Glas den derzeit in Deutschland gültigen Anforderungen für heißgelagertes ESG entspricht, also die erforderliche Haltezeit eingehalten wurde.

Bei erhöhten Anforderungen ist somit über die Ausschreibung dieses Produkts die richtige Auswahl getroffen. Da im restlichen Europa die EN 14179 greift, ist besonders bei Importen von fertigen Bauelementen Vorsicht geboten, da diese nicht immer den erhöhten nationalen baurechtlichen Anforderungen entsprechen.

Von Jürgen Künsting – Produktmanager Sicherheits- und Lärmschutzgläser bei Saint-Gobain


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