Ist die E-Rechnung für B2B erst einmal etabliert, soll ein deutsches Meldesystem zur Umsatzsteuer folgen. Abgebildet ist der zu erwartende Datenfluss im aktuell präferierten "5-Corner-Modell", bei dem steurrelevante Rechnungsdaten über einen Serviceprovider direkt von Sender und Empfänger einer Rechnung an die Finanzverwaltung übermittelt werden müssen.

Ist die E-Rechnung für B2B erst einmal etabliert, soll ein deutsches Meldesystem zur Umsatzsteuer folgen. Abgebildet ist der zu erwartende Datenfluss im aktuell präferierten "5-Corner-Modell", bei dem steurrelevante Rechnungsdaten über einen Serviceprovider direkt von Sender und Empfänger einer Rechnung an die Finanzverwaltung übermittelt werden müssen. (Foto: © www.cegedim-business-services.de)

Die E-Rechnung kommt

Die Digitalisierung der deutschen Wirtschaft macht auch vor den Unternehmen aus den Bereichen Glas, Fenster und Fassade nicht halt. Mit der bevorstehenden Einführung der E-Rechnungspflicht steht die Branche vor einer entscheidenden Transformation.

Von Tim Roßky

Die Umstellung auf E-Rechnungen birgt sowohl erhebliche Herausforderungen als auch Chancen, die es zu erkennen und zu nutzen gilt. Im vorliegenden Artikel werden Einblicke in die zentralen Aspekte der Entwicklung gegeben und aufgezeigt, was Unternehmen in der Bau- und Fassadenbranche jetzt unbedingt beachten sollten.

E-Rechnungspflicht: Notwendiger Schritt in die Zukunft

Die verpflichtende Einführung der E-Rechnung in Deutschland ist Teil einer umfassenden europäischen Initiative, die bereits seit geraumer Zeit unter dem Namen "VAT in the Digital Age" (ViDA) bekannt ist, bislang allerdings vornehmlich in Fach- und Politikkreisen.Ziel der von der EU-Kommission ins Leben gerufenen Initiative ist es, durch die Digitalisierung der Rechnungsstellung die Effizienz von Geschäftsprozessen zu steigern, die Fehlerquote zu senken und die Transparenz zu erhöhen.

Gleichzeitig sollen Steuerhinterziehungen im Rahmen von Vorsteuerabzug und Umsatzsteuervortrag erschwert und die Einnahmen des Staates gesichert werden. Dabei ist die Pflicht zur E-Rechnung nicht völlig neu in Deutschland. Denn was den Rechnungsversand an die Öffentliche Hand (B2G) angeht, gilt bereits für Lieferanten in sechs Bundesländern und beim Bund eine E-Rechnungspflicht.

Mit dem Wachstumschancengesetz hat die Bundesregierung jedoch dafür gesorgt, dass in Deutschland nun (fast) alle Zeichen auf E-Rechnung stehen. Wenn auch zunächst nur im B2B-Bereich und noch nicht im B2C-Segment, dafür aber deutlich vor dem von der EU gesetzten maximalen Zeitplan. Und das hat Auswirkungen: Die geforderte Dokumentation seitens der Kunden, das erhöhte Datenvolumen bei Anhängen, die besonderen Gegebenheiten bei der Datenerhebung vor Ort auf der Baustelle und die Besonderheiten bei der Abrechnung stellen gerade für die Baubranche besondere Anforderungen bei der Digitalisierung dar.

Zudem wird in vielen Fällen noch immer stark papierbasiert gearbeitet. Unterm Strich stellt der Umstieg auf die E-Rechnung damit eine erhebliche Veränderung dar. So ist die Umstellung nicht nur eine Frage der Technik, sondern erfordert in vielen Fällen auch tiefgreifende Anpassungen in den Geschäftsprozessen und der organisatorischen Struktur. Gerade für kleinere bis mittlere Glas-, Fenster- und Fassadenbetriebe, die oftmals über gewachsene, heterogene IT-Strukturen verfügen, könnte die Umstellung damit eine große Herausforderung darstellen.

ERP-Systeme und ihre Tücken

Ein zentrales Hindernis bei der Einführung der E-Rechnung ist die Anpassung bestehender ERP-Systeme. Viele Unternehmen nutzen seit Jahren dieselbe Software, die oft maßgeschneidert und an spezifische Bedürfnisse angepasst wurde. Diese Systeme sind selten darauf ausgelegt, E-Rechnungen im geforderten Format zu verarbeiten.

Die nun notwendigen Updates – wenn überhaupt verfügbar – sind daher in vielen Fällen nicht nur sehr kostspielig, sondern auch zeitaufwändig und komplex. Projekte zur Anpassung eines ERP-Systems können mehrere Monate bis Jahre in Anspruch nehmen, was angesichts der knappen Zeit bis zur stufenweisen Einführung der E-Rechnungspflicht ab dem 1. Januar 2025 problematisch ist. Für Unternehmen aus der Glas-, Fenster- und Fassadenbranche, deren Geschäftsprozesse oftmals stark individualisiert sind, stellen standardisierte ERP-Updates daher selten eine zufriedenstellende und wirtschaftlich sinnvolle Lösung dar.

Stattdessen müssen diese Anpassungen häufig durch spezifische, externe Softwarelösungen ergänzt werden, die die besonderen Anforderungen der Branche berücksichtigen. Die Folge: eine noch größere Software-Diversität.

Satellitensysteme: eine unterschätzte Herausforderung

Viele Unternehmen in der Baubranche haben aus ähnlichen Gründen im Laufe der Jahre eine Vielzahl an IT-Systemen implementiert, die für spezielle Aufgaben genutzt werden. Diese Satellitensysteme sind jedoch oft schwer in die zentralen ERP-Systeme zu integrieren, was die Einführung der E-Rechnung weiter erschwert. Denn nun müssen die unterschiedlichen Systeme im Zuge der Umstellung auf die neuen gesetzlichen Vorgaben mitberücksichtigt werden.

Eine mögliche Lösung könnte hier die Zusammenarbeit mit spezialisierten E-Invoicing- Dienstleistern sein, die über Schnittstellen in bestehende IT-Landschaften integriert werden können. Diese Anbieter übernehmen dann nämlich nicht nur die technische Umsetzung. Sie kümmern sich auch um die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben – und entlasten somit die internen IT-Abteilungen.

Externe Dienstleister: Fluch oder Segen?

Gerade im Rahmen des oben beschriebenen IT-Geflecht-Szenarios kann der Einsatz externer E-Invoicing-Anbieter für Unternehmen der Bau- und Fassadenbranche eine erhebliche Erleichterung darstellen. Für viele Unternehmen, die nicht über die notwendigen Ressourcen verfügen, um die komplexen Anforderungen der E-Rechnung intern zu bewältigen, stellt dieser Weg somit eine praktikable, effiziente und vor allem zeitlich machbare Lösung dar.

Jedoch sollten Unternehmen bei der Auswahl des Dienstleisters sorgfältig vorgehen. Die Anforderungen an E-Invoicing-Lösungen können sich in den kommenden Jahren weiter verändern, insbesondere im Hinblick auf die Integration von Steuerdatensystemen – denn darauf läuft die ViDA-Initiative eigentlich hinaus.

Ist die E-Rechnung erst einmal für alle B2B-Geschäfte etabliert, fällt es dem Staat besonders leicht, ein digitales Meldesystem zur Umsatzsteuer in (nahezu) Echtzeit zu etablieren. Es ist daher entscheidend, einen Partner zu wählen, der nicht nur die aktuellen Anforderungen erfüllt, sondern auch zukünftig als zuverlässiger Partner agieren kann.

E-Rechnung als 1. Schritt in Richtung Echtzeit-Steuermeldung

Denn, um es noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen, die Einführung der E-Rechnungspflicht ist nur der erste Schritt in einer umfassenden Digitalisierung der Finanzprozesse. Langfristig strebt die Politik die Echtzeit- Steuermeldung an, bei der Rechnungsdaten unmittelbar nach ihrer Erstellung an die Finanzbehörden übermittelt werden.

Für Unternehmen bedeutet das, dass sie nicht nur ihre Rechnungsprozesse, sondern auch ihre gesamten Buchhaltungs- und Finanzprozesse digitalisieren müssen. Insbesondere für die Glas-, Fenster- und Fassadenbranche, in der oft viele kleine und mittelständische Unternehmen tätig sind, stellt das aus den genannten Gründen jedoch eine große Herausforderung dar.

Die Integration von E-Invoicing- Lösungen ist daher nicht nur eine kurzfristige Notwendigkeit, sondern ein zentraler Schritt in Richtung vollständig digitalisierter und automatisierter Unternehmensprozesse.

Was ist jetzt zu tun?

Die E-Rechnungspflicht bringt auch für die Betriebe der Baubranche sowohl Herausforderungen als auch Chancen mit sich. Unternehmen, die sich frühzeitig mit den Anforderungen auseinandersetzen und passende Lösungen implementieren, können von einer effizienteren und transparenteren Rechnungsstellung profitieren. Gleichzeitig ist die Umstellung ein wichtiger Schritt in Richtung einer umfassenden Digitalisierung der Finanzprozesse, die langfristig unverzichtbar sein wird.

Für die Branche ist es daher entscheidend, sich jetzt mit den Möglichkeiten und Anforderungen der E-Rechnung auseinanderzusetzen und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben.

Der Autor ist Digitalisierungsexperte und Geschäftsführer der Cegedim e-Business GmbH.


Weitere Informationen: Den bebilderten Fachartikel als PDF-Datei herunterladen: Die E-Rechnung kommt