Gebäudetyp E: Viele Bauherren sind skeptisch
Im Rahmen der Baurechtsreform soll der Gebäudetyp E das Bauen durch den Verzicht auf Komfort- und Ausstattungsstandards vereinfachen und günstiger machen.
Eine aktuelle Umfrage von Prof. Dr. Andreas Koenen, Bau- und Immobilienrechtsexperte, und dem Marktforschungsinstitut YouGov zeigt nun, wie Bauherren über dieses Thema denken. Der experte sieht noch hohen Aufklärungsbedarf.
Für die Erhebung wurden 310 Privatpersonen befragt, die in den letzten fünf Jahren ein Haus gebaut haben. Dabei äußerte eine deutliche Mehrheit (78 Prozent) Vorbehalte gegenüber der Annahme, dass Baukostensenkungen durch die Baurechtsreform automatisch zu niedrigeren Mietpreisen führen.
Die Ergebnisse offenbaren zudem eine Zurückhaltung beim Verzicht auf Komfortund Ausstattungsstandards zur Kostensenkung und eine verbreitete Unsicherheit über die rechtliche Verbindlichkeit von DIN-Normen. Außerdem können 40 Prozent der befragten Bauherren die Folgen der Baurechtsreform kaum abschätzen.
Bedenken: Baukostensenkungen reduzieren nicht automatisch die Mieten
Die Umfrage zeigt eine klare Tendenz: Rund 78 Prozent der Befragten glauben, dass Mietpreise eher oder vollkommen durch Angebot und Nachfrage als durch Einsparungen bei den Baukosten bestimmt werden. Nur etwa 19 Prozent stimmen dem überwiegend oder überhaupt nicht zu, während vier Prozent keine Angabe gemacht haben.
"Die Mehrheit sieht die Mieten stärker von Angebot und Nachfrage beeinflusst als durch Kosteneinsparungen", sagt Prof. Dr. Andreas Koenen. "Um wirklich bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, braucht es politische Maßnahmen, die über reine Baukostensenkungen hinausgehen – etwa durch die Förderung von sozialem Wohnungsbau, vergünstigtes Bauland oder Anreize für Investitionen in günstigen Wohnraum."
Standards versus Einsparungen: Bauherren skeptisch bei DIN-Normen-Verzicht
Auch beim Verzicht auf Komfort- und Ausstattungsstandards zeigt sich Zurückhaltung: 18 Prozent der Befragten wären auf jeden Fall bereit, auf DIN-Normen zu verzichten, 33 Prozent nur bei konkretem Einsparpotenzial. 17 Prozent lehnen den Verzicht auf DIN-Normen ab, da sie Zweifel an den Einsparungen haben, und 18 Prozent befürchten Qualitätsmängel. Eine entschiedene Ablehnung gegen Komfort- und Ausstattungsstandards äußerten sieben Prozent ohne Begründung, während sechs Prozent keine Angabe machten.
Koenen erläutert: "Es gibt zwar eine gewisse Bereitschaft, auf DIN-Normen zu verzichten, doch nur bei erkennbarem Einsparpotenzial und ohne Qualitätsverluste. Wenn das Ziel vereinfachtes Bauen ist, müssen die Risiken eines Normverzichts transparent aufgezeigt werden, um Vertrauen zu schaffen. Auch die Einstufung von Normen als verzichtbar, wenn sie nur den Komfort betreffen, wirft Fragen auf: Wo verläuft die Grenze zwischen Komfort und Sicherheit? Und wie steht es um die Barrierefreiheit?"
Experte fordert Aufklärung: DIN-Normen nicht immer verpflichtend
Über die Hälfte der Befragten (rund 55 Prozent) wusste nicht, dass viele DIN-Normen rechtlich nicht bindend sind, während nur 36 Prozent darüber informiert waren. Neun Prozent machten hierzu keine Angaben. Koenen weist darauf hin, dass Unklarheiten über die Verbindlichkeit von DIN-Normen zu Unsicherheiten und unnötigen Kosten führen können: "Vielen ist nicht bekannt, dass nicht alle DIN-Normen rechtlich bindend sind.
Eine bessere Aufklärung über die tatsächliche rechtliche Bedeutung der Normen würde Bauherren helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen und gezielt Einsparpotenziale zu nutzen. Fachfirmen wiederum müssen wissen, auf welche Normen sie sich verlassen können, um nicht in rechtliche Probleme zu geraten."
Baurechtsreform: Viele Bauherren können Folgen kaum abschätzen
Die Umfrage zur Vertrautheit mit der Diskussion über die Baurechtsreform zeigt ein geteiltes Bild: Insgesamt ergibt sich, dass knapp 57 Prozent der Befragten sich als zumindest gut informiert betrachten, während 40 Prozent angeben, sich wenig bis gar nicht auszukennen. Ein kleiner Anteil von vier Prozent machte keine Angabe.
Koenen dazu: "Zwar gibt es eine solide Basis an informierten Bauherren, doch die deutliche Wissenslücke bei vierzig Prozent ist besorgniserregend. In Kombination mit den anderen Ergebnissen dieser Umfrage zeigt sich, dass viele Bauherren die tatsächlichen Auswirkungen der Reform kaum abschätzen können. Es ist schwer denkbar, dass sich alle am Bau Beteiligten auf niedrigere Standards einigen, ohne rechtliche Risiken einzugehen. Eine umfassendere Aufklärung und Nachjustierung des Gesetzes ist hier dringend erforderlich, um fundierte Entscheidungen in Bauprojekten zu ermöglichen."
Weitere Informationen: Den bebilderten Fachartikel als PDF-Datei herunterladen: Gebäudetyp E: Viele Bauherren sind skeptisch
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