Optimierte PV-Fassade
Im Zuge der Energiewende gilt es, die Photovoltaikflächen zu maximieren, auch dort, wo es schwierig ist – an der Fassade. Durch Berechnungen und Simulationen lassen sich optimale solare Eintragswinkel ermitteln und die Erträge erhöhen.
Klassische Einsatzbereiche von Photovoltaikanlagen sind in der Regel unverschattete Freiflächen und Dächer, denn hier ist es möglich, die Kollektoren ideal zur Sonne auszurichten. Dezentrale Lösungen, etwa in Industriegebieten, haben außerdem den Charme, dass der Strom genau dort produziert wird, wo die zum Teil großen Verbraucher stehen. Leitungsnetze sind nicht nötig und außerdem kann mitunter auch das Problem der Speicherung vernachlässigt werden, sofern nicht im Schichtbetrieb gearbeitet wird.
Im städtischen Bereich stellt sich die Situation anders dar. Aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte ist hier das Verhältnis zwischen horizontalen Flächen und der Nachfrage nach Strom deutlich ungünstiger. Hinzu kommt, dass die klassische Installationsfläche, das Dach, zunehmend auch andere Funktionen übernehmen soll, als Regenwasserpuffer, Erholungsraum, Stadtgarten usw. Deshalb rückt zunehmend die Fassade in den Mittelpunkt des Interesses. Allerdings haben vertikale Flächen in diesem Zusammenhang mit zwei Problemen zu kämpfen.
Zum einen ist der Wirkungsgrad regelmäßig deutlich schlechter als bei horizontalen Flächen und zum anderen stoßen Kollektoren bei der Fassadengestaltung nicht auf uneingeschränkte Akzeptanz. Es wäre also ein großer Fortschritt, wenn es gelänge, eine PVFassade so zu gestalten, dass sie bei Investoren, Bauherren und Nutzern auf Zuspruch stößt, und gleichzeitig mit optimierten Leistungsdaten aufwartet.
Parametrisch optimierte PV-Fassade
Die Fassadenverkleidungen aus der Aluminiumverbundplatte Alucobond von 3A Composites wurden auf Basis von Berechnungen so geformt, dass die PV-Zellen hohen Ertrag bringen. Auf der Westseite wurden sie verklebt. Foto: © Timo SchmidtUnter der Projektleitung von Prof. Frank Hülsmeier widmeten sich die Forscherinnen Sarah Knechtges und Jana Reise mit ihren Kollegen Adrian Heller und Stefan Huth am Architektur-Institut der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK) genau dieser Aufgabenstellung.
Im Rahmen eines vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung geförderten Forschungsprojektes mit Namen Solarshell entwickelten sie eine "parametrisch optimierte Fassade als Enegiequelle", die inzwischen als Prototyp an einem Gewerbebau erfolgreich im Einsatz ist. Bereits die Herangehensweise des Forschungsteams, das parametrisch-generative Entwerfen oder AAD (Algorithms- Aided Design) lässt aufhorchen.
Die Erweiterung einer CAD (Computer Aided Design) erlaubt, dass zusätzliche Algorithmen optimierend in den Entwurfprozess eingreifen. Diese Arbeitsweise gestattet das Arbeiten mit dynamischen Parametern und ermöglicht, in einem vergleichbar kleinen Zeitrahmen eine sehr große Zahl von Varianten zu liefern, die von Simulationsgeometrien bewertet werden.
Die Forscher konnten sich also auf der Basis einer großen Menge von evaluierten Möglichkeiten einem technisch wie gestalterisch optimierten Entwurf annähern. Auf diese Weise erfuhren Entwurf und Konstruktion ein Maximum an Digitalisierung. Aber ganz ohne Mock-ups ging es dann doch nicht. Die hier vorgestellte Prototyp-Fassade wurde an einem Firmensitz in Bad Rappenau installiert und aus der Aluminiumverbundplatte Alucobond des Unternehmens 3A Composites aus Singen gefertigt.
Aktive Beteiligung von 3a Composites
Die dreidimensionalen Alucobond- Fassadenelemente wurden mitsamt der aufgeklebten Glas-Folien-Module montiert. Foto: © Markus EberhardtDer Hersteller hat sich aktiv an dem gesamten Projekt beteiligt. So wurden nicht nur Forschungsanträge formuliert, sondern auch Machbarkeitsstudien erstellt, statische Berechnungen angefertigt und Modelle gebaut. Aktuell arbeitet die Firma daran, Fertigung und Montage weiter zu rationalisieren, um die Wirtschaftlichkeit dieser Technik zu erhöhen und sie gegebenenfalls zur Marktreife zu führen.
Das Gebäude, an dem die so geplante Solarfassade als Prototyp montiert wurde, ist ein zweigeschossiger Neubau mit Büroflächen von ungefähr 1.000 m², der sich an eine ca. 4.000 m² große Produktionsstätte sowie ein Lager von ca. 1.000 m² anschließt. Die tragende Stahlkonstruktion des ansonsten wenig spektakulären Gebäudes wurde mittels mineralwollgedämmter Trapezblechkassetten geschlossen. Der Verwaltungsbau erfüllt den Standard KfW 55 und wird mit Hilfe einer Luftwärmepumpe beheizt und klimatisiert.
Bevor Bauherr und Forscher zusammentrafen, war eine schlichte Gebäudehülle aus zweidimensionalen Alucobond-Platten geplant. Das Architektur-Institut ging dann aber von der vorgesehenen Kubatur aus und entwickelte die Fassadenelemente für die unverschatteten West- und Südfassaden. Deren komplizierte Geometrie ließ sich aufgrund der technischen Eigenschaften der Aluminiumverbundplatten präzise umsetzen. Das nur 4 mm dicke Material lässt sich leicht bearbeiten und genau kanten.
Dazu werden auf der Rückseite mit entsprechenden Fräsern V-Nuten eingearbeitet, die die gewünschte Verformung ermöglichen. Schnitte, Bohrungen und Ausfräsungen werden in der Regel auf einer CNC-Station vorgenommen, mit höchster Genauigkeit und beliebig reproduzierbar. Ziel jeder Formgebung war auch hier ein maximaler solarer Eintrag bei möglichst geringer Eigenverschattung. Folglich müssten Süd- und Westfassade unterschiedlich gestaltet werden.
Weitere Informationen (1): www.alucobond.com
Weitere Informationen (2): Den bebilderten Fachartikel als PDF-Datei herunterladen: Optimierte PV-Fassade
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