Bestandsschutz am Bau
Der Bestandsschutz im Bereich des Bauens ermöglicht insbesondere bei Reparaturen, die Schäden mit den gleichen Produkten und Bauarten zu ersetzen.
Das kann vieles vereinfachen, jedoch stellt sich die Frage, ob das in allen Fällen möglich ist, bzw. in welchen Fällen der Status des Bestandsschutzes nicht gilt.
Der Bestandsschutz ist zwar eine Grundlage, jedoch gibt es zahlreiche Fälle, in denen er inzwischen aufgrund geänderter Gesetze und Rechte außer Kraft gesetzt wird. Im Folgenden werden einige wesentliche Fragestellungen zum Thema behandelt.
1. Woher kommt der Begriff Bestandsschutz?
Der Bestandsschutz hat seinen Ursprung darin, vertragliche Vereinbarungen trotz nachträglich geänderter Gesetze zu sichern und bietet somit eine Rechtssicherheit. Die Bestandsschutzklauseln sichern bisherige Rechte oder Vorteile, obwohl sich die Rechtssituation für künftig Betroffene ändert. Es betrifft dabei sämtliche Verträge, so auch Kaufverträge, Mietverträge, Versicherungen, Besitzrechte, Arbeitsrechte und viele weitere Bereiche, etwa Vereinbarungen, Verträge und Maßnahmen bei der Erstellung und Instandhaltung baulicher Anlagen.
2. Was bedeutet der Bestandsschutz im Bau?
Die ARGEBAU, Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz formuliert zum Thema Bestandsschutz im einem Hinweis zum Bauen im Bestand: Bauliche Anlagen haben grundsätzlich einen Bestandsschutz, wenn sie nicht mehr dem inzwischen geänderten Recht (z. Bsp. den aktuellen Technischen Baubestimmungen) entsprechen. Seitens der Bauaufsichtsbehörden kann dieser Grundsatz durch baurechtliche Verfügungen insbesondere dann durchbrochen werden, wenn Leben oder Gesundheit durch erhebliche Gefahren bedroht sind. Dabei geht man davon aus, dass die bauliche Anlage zum Zeitpunkt ihrer Errichtung rechtswirksam genehmigt und somit formell baurechtmäßig errichtet wurde und den Baurechtsvorschriften entsprach.
Zum Zeitpunkt der Errichtung muss die bauliche Anlage den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprochen haben, also zum Beispiel den zu diesem Zeitpunkt gültigen Normen. Die Bauaufsicht ist Aufgabe des Staates nach Landesrecht und beschreibt die Befugnis seiner Behörden in der Musterbauordnung: MBO § 58 (2): Die Bauaufsichtsbehörden haben bei der Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und Beseitigung sowie bei der Nutzung und Instandhaltung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden, soweit nicht andere Behörden zuständig sind. Sie können in Wahrnehmung dieser Aufgaben die erforderlichen Maßnahmen treffen. Mit dieser gesetzlichen Formulierung obliegt der Bauaufsichtsbehörde das Recht, auch über den Bestandsschutz zu entscheiden.
3. Wann gilt der Bestandschutz nicht?
Sollten die oben genannten Bedingungen für den Bestandsschutz nicht möglich sein, verliert der Bestandsschutz seine Wirkung. Die bauliche Anlage besitzt keinen Bestandsschutz,
- wenn Leben oder Gesundheit durch erhebliche Gefahren bedroht sind
- oder zum Zeitpunkt der Errichtung die bauliche Anlage nicht rechtswirksam genehmigt wurde
- oder sie zum Zeitpunkt der Errichtung den Baurechtsvorschriften nicht entsprochen hat
- oder sie zum Zeitpunkt der Errichtung den allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht entsprochen hat.
Weiterhin formuliert die ARGEBAU zum Th ema Standsicherheit bei Baumaßnahmen im Bestand: Generell gilt, dass unter Wahrung des baurechtlichen Bestandsschutzes nur solche Maßnahmen am Bestand durchgeführt werden dürfen, welche die ursprüngliche Standsicherheit der baulichen Anlage auch weiterhin nicht gefährden. Sollte durch den Bestandschutz die Standsicherheit des Gebäudes nicht mehr gewährleistet werden können, kann der Bestandsschutz nicht berücksichtigt werden. Bei der Änderung baulicher Anlagen müssen die aktuellen Technischen Baubestimmungen beachtet werden. Sie wirken allerdings vom Grundsatz her zunächst zwingend nur auf die unmittelbar von der Änderung berührten Teile.
4. Wer gibt Auskunft zum Bestandsschutz?
In den jeweiligen Landesbauordnungen sind die Grundlagen der Genehmigungspflicht, aber auch der Genehmigungsfreiheit beschrieben. Als Grundlage dient auch hierzu die Musterbauordnung. In § 59 findet sich die Kernaussage: Die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen bedürfen der Baugenehmigung. Die Genehmigungsfreiheit … sowie die Beschränkung der bauaufsichtlichen Prüfung … entbinden nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an Anlagen gestellt werden, und lassen die bauaufsichtlichen Eingriffsbefugnisse unberührt. Damit ist bauaufsichtlich gefordert, auch in eigenverantwortlicher Weise die Vorschriften anzuerkennen und zu befolgen. Beim Bauen im Bestand benötigen Planer, Bauherren und Unternehmer oftmals hohe Sachkompetenz, um die Sachlage beurteilen zu können. Die Fälle sind einzeln zu betrachten.
Die ursprünglichen Vorschriften und aktuellen Baubestimmungen müssen dazu bekannt sein und gewertet werden. Neben der Wahrung der Sicherheitsaspekte und der technischen Erfordernisse greifen auch Aspekte der Wirtschaftlichkeit oder der Ästhetik. Neben den bauaufsichtlichen Anforderungen können darüber hinaus auch zivilrechtliche Anforderungen bestehen. Die ARGEBAU empfiehlt zu der Beurteilung des Bestandsschutzes in Zweifelsfällen die baurechtlichen Fragen frühzeitig mit der zuständigen Bauaufsichtsbehörde abzuklären.
Ralph Matthis
Den bebilderten Fachartikel als PDF-Datei herunterladen: Bestandschutz im Bau
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